...plauderseite
Sonntag, 29. Oktober 2006
Nun ist es also Geschichte.

Loving Mood ging gestern gut über die Bühne.
Was heißt gut.
Es war ein voller Erfolg.

Der Saal war brechend voll. Über hundert Menschen waren gekommen und das will in unserem Ort schon was heißen, als Einzelperson so viele Leute anzuziehen und schließlich auch zu bezaubern.

Mein Nachmittag war furchtbar. Ich war so nervös, als müsse ich selbst spielen.
Unmittelbar vor der Vorstellung war mein Lampenfieber unerträglich und dann kam die spontane Aussöhnung mit Fr. Mellis, die mich schnappte und umarmte.

Ich versuchte den Künstler zu betreuen, so gut es mir in dem Moment möglich war und schließlich war es soweit. Ich schaltete das Saallicht aus und mit einem Mal war meine ganze Aufregung verschwunden. Ich war mitten im Stück.
In meinem Stück.

Der Künstler gab sein bestes und nach dem dritten Stück war dann auch das Publikum aufgetaut und es gab reichlich Zwischenapplaus.
Was mich als Dramaturgin natürlich am meisten freute war, dass das Publikum die kleinen eingebauten Pointen mitbekam und sie mit Gekicher bestätigten.
Es lief alles wie geschmiert, wie am Schnürchen und allzu bald war es dann auch wieder vorbei.

Ganz zum Schluss, durfte auch ich auf die Bühne und man sagte mir, der Applaus sei dann nochmal aufgebrandet. Ich habe es nicht wirklich gehört. Aber wenn man es mir sagte, wird es schon so sein.

Wie fast immer nach solch großen Dingen, fiel ich unmittelbar danach in eine große Leere. Suchte zunächst ein bisschen Einsamkeit, was schwierig war, denn 100 Leute wollten sich auch wieder aus der Beengtheit ein bisschen lösen.
Und dann smalltalkte ich gute eineinhalb Stunden lang, stand ein bisschen bei dieser Gruppe, ein bisschen bei jener, erzählte sicher drei Mal die Entstehungsgeschichte des Stücks, plauderte hier und dort ein paar Takte und machte zuletzt etwas total Verrücktes. Aus einem ganz spontanen inneren Bedrüfnis heraus, ging ich zur Veranstalterin und sagte: "Ich weiß, es ist ein bisschen unüblich und Sie sind ja auch viel älter als ich, aber..." - sie sah mich groß an, hatte aber schon verstanden, stellte ihr Glas beiseite, zog mich an sie heran und küsste mich auf beide Wangen und meinte: "Ich dachte, das sei ohnehin selbstverständlich." Und dann waren wir per du.

Nachdem sich die Partie dann mehr und mehr verlief und eigentlich nurnoch die allerengsten Freunde anwesend waren, bat sie uns, langsam ans Gehen zu denken. Ich gab ihren Wunsch weiter und wir verlagerten das Gelage in die elterliche Küche.

Meine Mutter richtete ein deftiges Nachtmahl. Wir stießen noch das eine und andere Mal auf den gelungenen Abend an und blieben so lange sitzen, bis sich die Funkuhr auf die Normalzeit stellte. Das war ein bisschen wie Silvester. Danach löste sich die illustre Versammlung nach und nach auf. Die letzten gingen, als die Uhr wieder auf drei stand.

Dann räumte ich noch die elterliche Küche notdürftig auf und wankte nachhause.
Wieder einmal war ich als letzte übrig geblieben.

Zuhause angekommen, war ich von meinem frühmorgendlichen Spaziergang so erfrischt, dass ich dachte, ich könne jetzt noch die ganze Welt niederreißen. Doch nicht lange.
Wein, Sekt und Bier und wohl auch die Strapazen der letzten Tage forderten alsbald schlagartig ihren Tribut. Und vielleicht setzte ja dann auch erst die Entspannung ein, jedenfalls musste ich schlafen, schlafen, schlafen.

Könnte man die herausragenden Momente doch länger aufheben...

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Das wichtigste allerdings, an der ganzen Geschichte ist, dass ich sehr viel gelernt habe.

Ich habe sehr viel über mein eigenes Schreiben gelernt, vor allem, dass ich auch das Zeug habe, mein Wort ganz in Dienst einer Sache zu stellen. Bisher war ich ja noch nie in der Verlegenheit, Worte wieder zurück zu nehmen, sie zu ändern, immer wieder nachzubessern.

Was für meine Worte gilt, musste ich auch für mich lernen. Nämlich, dass das ich, das hinter den Worten steht, mit dem Arbeitsprozess nichts zu tun hat. Ja, eigentlich nichts zu tun haben darf. Sind die Worte erst einmal den Künstlern als deren Werkzeug übergeben, sind sie selbstständig. Eingriffe sind nur dann notwendig, wenn ein Werkzeug nicht ganz das richtige Mittel ist.

Ich habe gelernt, vollkommen im Hintergrund zu arbeiten. Vor allem während der letzten Proben war ich mehr Regieassistentin. Ich achtete darauf, dass die Künstler möglichst störungsfrei arbeiten konnten, mit nichts belastet waren, was nicht unmittelbar mit der Geschichte zu tun hatte.

Ich sollte auch lernen, mein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Das ist mir allerdings nicht ganz gelungen.
Immer wieder wurde mir am Abend des Auftritts gratuliert und ich wusste gar nicht so genau, warum. Bis mich mein Bruder ins Gebet nahm und mir eindringlichst erklärte, dass ich zumindest zu 50% mit am Erfolg beteiligt sein. Denn ohne meinen Text hätten er und die Regisseurin ja gar nichts in der Hand gehabt. Das mag wohl stimmen.
Ganz realisiert hab ich das noch nicht.

Und trotzdem erhielt ich auch tatsächlich Lob für meine Geschichte. Eine Frau nahm mich beiseite und meinte, dass sie sich in manchen Passagen an meine Lesung erinnert gefühlt hätte. Und da musste ich vor mir selbst eingestehen, dass man wohl im Laufe der Jahre so etwas wie "Stil" entwickelt.

Also doch auch mein Erfolg...
:-)

Und irgendwie ist es gerade ganz unwirklich, dass ich gleich wieder in die Schule muss.
Das mag so gar nicht zu den vergangenen Tagen passen.

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