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Wintergespräche mit Gott

Am Samstag weckte mich meine Mutter ziemlich unsanft aus meinem wohlverdienten Mittagsschlaf und pochte auf ihr Recht, wenn ich in ihrem Haus sei, müsse auch geschehen, was sie will. Und sie wollte spazieren gehen. Jetzt. Sofort. Und mit mir.
Es war arg. Ich war gerade in diesen berauschend schönen Schlaf gefallen, so tief, wie nur ein Mittagsschlaf sein kann.
Um meiner töchterlichen Pflicht nachzukommen, pfauchte ich meine Mutter an. Aber sie grinste nur. Wir wußten, es war nur ein Spiel. Sie blieb in der Tür stehen und sah mir beim Anziehen zu.
Dann fuhren wir zu meinen Großeltern, besuchten zuerst noch meinen Opa, der sich eine schwere Grippe zugezogen hat. Und dann endlich ging es hinaus.
Die erste Viertel - Stunde konnte ich nur gähnen, sehr zum Amüsement meiner beiden Cousinen, die wir auch mitgenommen hatten. Sie kicherten pausenlos.
Aber schon als ich die - fast schon - Frühlingsluft atmete, war ich meiner Mutter für ihre Beharrlichkeit dankbar.
Die Reise ging an die Traisen. Durch die Au. Zu meinem Freund. Der großen Pappel an der Grenze zur Stadt. Ein Grenzbaum.
In der Au schliefen noch alle. Außer die Schneeglöckchen. Sie standen als Wald im Wald. Aber die Bäume regten sich noch nicht. Bis auf die Erlen.
Und dann endlich waren wir am Wasser.
"So riechst nur Du!", sagte ich als Grüß zum Fluss. Wir gingen hinunter auf die Schotterbank. Ich bückte mich um die flachen Steine und ließ wohl an die 20 über das Wasser springen und es tat so unendlich gut.
Der Abend kam. Ich merkte es an der Luft, die eine Spur herber wird, wenn sich alles zur Ruhe bereitet und wir gingen wieder hinauf zum Dammweg.
Ich begrüßte meinen Freund. Aber er schlief noch. Und er wird noch eine Zeit lang schlafen. "Noch nicht", schien mir der Wind zuzuraunen.
"Ich weiß!"
Aber es ist jetzt schon machtvoll.
Neben dem Baum hat sich der Fluss einen neuen Weg gesucht, und den Damm gefährlich "angefressen". Ich nahm es. Wäre der Damm nicht gewesen, hätte die Fluss ihren Lauf geändert. Und hätte wahrscheinlich die alte Pappel mit sich genommen. Und die Au geflutet. Sie sumpfig gemacht.
Wir gingen unsere Runde fertig.
Die Mädels rodeten dann noch ausgiebig den Schneeglöckchen - Wald. Ich weigerte mich. Ich reiße keine Blumen aus. Schon gar nicht, wenn sie die ersten sind.
Manchmal ein Gänseblümchen.
Oder einen Grashalm, weil mir das süße Mark so schmeckt.

Der Samstag war dahin.
Den Sonntag überlebte ich.
Der Montag war müde.
Der Dienstag brachte mir das Lachen wieder.

Und heute im Auto:
"Was denkst Du?"
Ich lächelte.
"Wegen dem Fluss?"
"Ja."
"Alles ist im Fluss. Der Fluss ist mächtig. Und erzählt immer die gleiche, nicht endende Geschichte. Wie die Zeit. Sie bleiben immer gleich. Im Fluss. Aber manchmal, manchmal ändert sich ihr Lauf."
Gott strich mir über die Unterarme: "Ich fahre!"

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Herbstgespräch (Teil 1)

Der Morgen ist so klar, dass selbst der Schatten, den die Erde auf den Mond wirft, durchscheinend ist. Ein kurzer Blick in die Runde. Ja. Alle Sterne da – „Gott der Herr hat sie gezählet…“
5.40 – erste Runde mit dem Hund.
So kurz vor Tagesanbruch ist es am ruhigsten. Es scheint der Punkt der höchsten Konzentration, bevor das Treiben des Tages beginnt. Es ist der Punkt, an dem alle noch mal zurück sinken in die Aufgeregtheit der letzten Träume. – Jene Träume, die nach dem Aufwachen noch bei einem sind. Bis unter die Dusche. Und dann weggespült werden, mit dem erlösenden Nass. An die man sich in einer ruhigen Minute vielleicht noch wie zufällig erinnert, später am Tag, und dann langsam ihren Sinn bekommen.

Träume.

Welch ein Wort.

Es spricht von Farben. Von buntem Treiben. Von Musik. Von Zuflucht, wie auch Offenbarung. Aber das kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet.
Und von Gefahr. Aber von Gefahr, die man ausblenden kann. Von Gefahr, die nicht greifbar ist, und auch nicht greifen kann. Eine recht sichere Gefahr. Oder sehr gefährlich. Aber das kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet.

Wachen oder träumen?
Und wo genau liegt eigentlich der Unterschied, denn es heißt ja: WACHEN oder träumen. Nicht etwa „schlafen“ oder träumen.

Langsam gehen hie und da die Lichter an.
Manche sind schon „wach“.
Doch noch fehlt der Lärm des Tages. Es herrscht die Ruhe des frühen Morgens. Man bewegt sich anders. Leiser. Vorsichtiger. Geschmeidiger – um die Lieben nicht zu wecken.

Einige Katzen sind noch unterwegs. Es ist Katzenzeit. Den Hund lässt das allerdings einigermaßen unbeeindruckt. Entweder er hat ein Arrangement mit den Katzen am Ort getroffen oder aber er hat gelernt, dass es für die Katz ist, ihnen hinterher zu jagen. Da der Hund der nächste Dalai Lama sein wird (oder der übernächste…), nehme ich an, dass es eine Kombination aus beidem ist.

Eine Stunde später setzt die Dämmerung ein.
Vereinzelt bringen ein paar Vögel ihr Morgenlied. Die meisten werden wohl schon in gastlichere Gefilde gezogen sein. Recht haben sie. Sie träumen nicht erst. Sie folgen. Ihrer Natur.
Allein sie haben nicht das Problem, von dem ich mich dann und wann, jetzt gerade besonders gedemütigt fühle – nämlich nicht über den Nestrand hinaus blicken zu können. Der Blick kommt bald. Und darauf spannen sie schon ihre Flügel und fliegen. Hinaus in die Welt. Und wissen nichts. Oder wissen alles. Sie folgen. Ihrer Natur.

Und wieder stößt ein Gedankenhauch die Traumtür auf – was mag jenseits liegen? Hinter dem gedankenverwobenen Nest, das ich mir so sorgfältig – einfältig – gebaut habe? Ahnungen und Träume. Aber wissen – tu ich es nicht. Weil mir der Mut fehlt, den Kopf zu heben. Lieber renne ich geduckt umher, brötle in meinem Eigen herum. Stochere in der Suppe des Alltags und habe weder Hunger, noch Appetit, sie zu essen. Der Gusto kommt mit dem Essen. Noch ein Bissen und ich hab den Rand voll.
Vielleicht ist es mir dann sogar egal, ob ich Flügel habe oder nicht. Und springe.

Springe einfach aus dem Nest. Springe einfach in das Nichts.
Stürze mich hinab in die Tiefen des Nicht – Wissen – Müssens. Weil ich folge. Einem Ruf. Einer Sehnsucht. Einem Traum.

Als ich mit dem Hund zurück komme, den ich um seine gute Laune beneide und mit der er mich beinah angesteckt hätte mit seinen ständigen Spielaufforderungen, bin ich froh, dass noch etwas warmer Kaffee da ist. Ich weiß nicht wieso. Vielleicht, weil etwas Warmes zu mir zu nehmen der einzige Weg ist, Wärme aus mir zu fühlen. Denn die Kälte beißt nicht. Sie kriecht. Herbst eben. Und sie kriecht bis in den letzten Winkel meines Herzens und kein Sonnenstrahl – noch nicht – an den sich meine bangende Seele klammern könnte.

„Gott!?!“ – Ich stoße meinen Ruf in die morgendliche Ruhe. Und warte.
Jemand ist bei mir. Ich kann ihn fühlen. Ein Gesandter. Er ist stets hinter mir, hält seine Hände an meine Schulterblätter, damit ich nicht zurück falle. In was auch immer. Und das ist gelogen. Ich weiß sehr wohl, in was ich zurückfallen könnte.
Ich warte.
„Ich bitte Dich, hilf mir.“
„Wobei?“ kam es lapidar.

herbstmorgen

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SOMMERGESPRÄCH (Teil 3)

Ich saß auf der elterlichen Terrasse und ließ mich von der Altweibersommer – Sonn wärmen, rauchte gemütlich eine und wartete. Vielleicht würde Gott sich melden. Ich betrachtete den Garten, der sich jetzt in seinem sattesten Grün zeigte – letzte Blüten trieb – bald würde sich das Laub wieder verfärben. Aber bis dahin war noch ein bisschen Zeit.
„Der September hat ja kaum erst begonnen und der Oktober wird bestimmt auch noch ein paar Sonnen – Gnade – Tage bieten,“ blies ich in die Ruhe des Gartens.
„Bestimmt.“
Er war da. Ich lächelte. Ein Schwall von Wärme durchdrang mich von innen heraus. Er lächelte also auch.
„Schön, dass du da bist!“
„Ich bin immer da, aber schön, dass du da bist.“
Omnipräsent – schoss es durch meinen Schädel.
„So ähnlich,“ meinte Gott und seine erste Frage ließ mich lange überlegen. Sie lautete: „Wo bist du?“
„Das hast du Adam auch gefragt.“ Ich war dabei, schnippisch zu werden, aber Gott nahm es mir nicht übel und meinte nur: „Ich weiß, dass du dieses Buch liest – obwohl, wirklich notwendig hast du es nicht.“
„Es ist einmal ein anderer Blickwinkel.“
„Und das ist gut so. Und wo bist du?“
Ich war versucht zu sagen: „Auf Seite 53.“ Unterließ es aber, denn Gott wollte nicht wissen wo in dem Buch ich wäre und schon gar nicht, dass ich auf der elterlichen Terrasse saß. Was er von mir wollte war - elementarer. In letzter Zeit war ich damit beschäftigt, nach innen zu blicken. Ansonsten ein aufmerksamer Mensch, kann es mir in Zeiten wie diesen dann und wann passieren, dass ich nicht so ganz auf der Höhe bin, und ich erinnerte mich daran, dass ich unlängst in Hütteldorf auf der – normalen – Treppe hinauf zur U-Bahn stand und darauf wartete, dass sie sich bewegte. Überzeugt davon, dass es eine Rolltreppe wäre. Aber sie bewegte sich natürlich nicht.
„Du stehst also auf einer Treppe und willst hinauf, aber sie bewegt sich nicht.“ Gott hat die wunderbare Eigenschaft, Dinge auf den Punkt zu bringen. Ich errötete und was folgte, hätte er nicht aussprechen müssen: „Ich nenne dir zwei Möglichkeiten von den vielen: Entweder du bewegst deinen Hintern und gehst rauf,“ – meinen entsetzten Blick ignorierte er in seiner unendlichen Großmut, „ oder aber du sorgst dafür, dass die Treppe sich bewegt.“
„Ha!“ entfuhr es mir. Aber dann fiel mir gleich das Jesus – Zitat ein; das mit dem Senfkorn und dem Glauben und dem Berge – Versetzen und ein Zitat aus Star – Trek, Voyager, wo Seven – of - Nine sagt: „In der Sprache der Menschen kommt das Wort unmöglich viel zu oft vor.“
Gott bestätigte mit Schweigen. Dann fragte er mich: „Warum tut ihr euch mit dem Glauben so schwer?“
Ich nahm mir Bedenkzeit und hörte dem Schwirren in der Luft zu. „Vielleicht,“ sagte ich schließlich, „weil wir uns vor der Konsequenz unseres Glaubens fürchten? Vielleicht, weil wir nicht annehmen können? Oder weil wir uns immer einen Haken denken, wo keiner ist?“
„Du bist ein ehrliches Kerlchen! Jemand anderes hätte gerufen: ´Aber mein Herr und mein Gott! Ich glaube ja´“
Ich nickte. Heuchler gibt es viele in dieser Welt. Und nicht alle haben immer unbedingt etwas mit Gott zu tun, oder Glauben...
Gott war heute besonders hartnäckig, er fragte nach: „Aber wozu braucht ihr den Haken?“ – „Sicherheitsmodus,“ gab ich lapidar zur Antwort.
Langsam wurde ich ungeduldig. Ich hatte nicht auf Gott gewartet, um mit ihm über Glauben zu reden. Es lag mir etwas sehr auf dem Herzen. Gott bemerkte wohl, dass mein Herz etwas enger wurde und endlich lenkte er ein: „Ich weiß, dass du statt über Adam lieber über Eva reden möchtest. Also sprich zu mir, wenn es dich schon so in der Seele brennt.“
Dankbarkeit durchströmte mich und als erste sagte ich: „Ich danke dir, dass sie auch gerade hier ist.“
„Darüber haben wir bereits gesprochen.“
„Ich weiß, aber ich möchte dir danken. Sie ist das wunderbarste, das mir je widerfahren ist und ich möchte ihr so viel sagen.“
Gott wartete. Er war offenbar bereit, dieses Gespräch nicht zu lenken. Er wartete und war einfach nur da.
„Ich habe ihr schon so viele Worte geschenkt. Worte der stürmischen Liebe, habe alles vor sie hingelegt. Doch diese Worte reichen jetzt nicht mehr.“
Ich hielt inne. Nach einer Zeit des Schweigens fragte Gott: „Aber sie stimmen doch noch, für dich und für sie?“
„Ja. Jedes Wort stimmt, jede einzelne Silbe. Und doch drückt es nicht mehr den Wandel in meiner Empfindung aus.“
Die Sonne war mittlerweile daran, ihren Kreis zu schließen. Fragend blickte ich Gott an. Er strich mir sanft durchs Haar und auch dafür war ich ihm unendlich dankbar. Er ließ mich weitersprechen.
„Weißt du, manchmal kommt es mir so vor, als würde ich sie schon tausend Jahre kennen. Aber dann merke ich, dass es doch erst ein Jahr ist. Und ich sehe sie and und wenn sie lacht, dann bin ich glücklich. Sie hat so Vieles gelernt und ich bin so unendlich stolz und mit jeder Faser meines Herzens dankbar, dass ich sie jetzt ein Stück durchs Leben begleiten darf. Ich fühle mich ihr so verbunden und so unendlich nah. In ihr kann ich mich wieder finden, wenn andere mich in den Staub ihres Versagens treten, und wenn sich ein Lächeln aus ihren Augen löst, dann möchte ich für diesen Augenblick sterben. Sie ist so schön – innen, wie auch außen und mit jedem Tag wird sie schöner, meine Liebe zu ihr tiefer.
Manchmal, wenn ich mich zurück lehne und sie betrachte, ohne dass sie es merkt, möchte mir das Herz übergehen vor Freude. Ich liebe es, wenn sie ins Schwärmen kommt und Feuer aus ihren Erzählungen sprüht.
Ihre Berührungen sind meine Erlösung, der Duft ihres Haares Geborgenheit und der Duft ihres Schweißes bedeutet Abenteuer. Der Funken in ihren Augen, wenn sie ganz wach ist und der Schalk in ihrem Nacken, wenn sie etwas ausheckt. Hach! Gott!“
Gott lächelte. „Du bist verliebt!“
„Nein, ich glaube, dass es viel mehr ist, als verliebt.“
„Sag es ihr.“
„Ja, ich möchte ja so gerne. Aber ich finde keine Worte, für das, was sie mir ist.“
„Dafür war das vorhin aber ein ganz schön langer Monolog.“
Gott hatte recht. Ich beschloss, es ihr auf meine Art zu sagen, holte Papier und Tinte und schrieb: „Ich liebe Dich!“

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