...plauderseite
Kurzer Abriss des gestrigen Tages:

Tagwache (trotz harter, trotziger Nacht): 9.00
9.00 bis 11.00 zu mir kommen, denken, enttäuscht von mir selbst sein, traurig sein
11.40: dem Druck nicht mehr standhalten, vor lauter Seele-Zittern nicht einmal wirklich weinen können, sondern in mich hineinweinen, Halsweh davon bekommen
12.00: Mittagessen mit der Familie (dem angenehmeren Teil der Familie, obwohl der Rest der Großfamilie zufällig auch im Lokal verteilt ist)
12.30: mit jedem Bissen Essen, Nervenstärke zurück bekommen
14.00: die Großfamilie rottet sich an einem Tisch zusammen - Flucht
14.15 - 14.45: kleine Relaxationsphase in der Wohnung
14.48: Verstärker zum Auto schleppen, Verstärker in den Kofferraum passen
15.00: Abfahrt gen Arbeitsplatz
15.50: Zufällig eine Schülerin treffen, die noch nicht weiß, dass die Probe vom Veranstaltungsort in die Schule verlegt worden ist, auf sie warten, es ihr sagen
15.54: Ankunft in der Schule, alles aufstellen, mit Menschen reden
16.00: ich erfahre, wie nebenbei, dass die Band der erste Programmpunkt ist, und nicht, wie vereinbart die Früherziehungsgruppe
16.05: die Band ist komplett, wir fangen an zu proben, Nervenflattern bekommen, ob der Tollpatschigkeit des Lead-Gittaristen
16.30: Fototermin für die Regionalzeitung, es schaffen, die Mundwinkel nach oben zu ziehen
16.45: alles wieder ins Auto
16.50: Ankunft am Veranstaltungsort, Verstärker ausladen, Instrumente ausladen, alles auf die Bühne zerren
17.00: Instruktionen vom Chef bekommen
17.05: Zigarettenpause
17.12: einer der Schüler, mit denen 17.15 als Anspieltermin vereinbart ist, taucht auf. Auf die Frage, wo der zweite sei: "Keine Ahnung.", sehr böser Blick
17.15: der Schüler erreicht den noch fehlenden Schüler, reicht mir das Mobiltelefon: "Wo bist du?" - "Im Probenlokal, ich muss noch aufräumen." - "Wann kommst du?" - "17.30" - "Da kann ich aber nicht mehr. Komm wann du willst.", bitterböse auflegen
17.17: "Wenn der nicht da ist, dann geh ich wieder heim.", sagt der Schüler zu mir, der schon, oder noch da ist. "Gut, aber du kommst spätestens um 17.45 wieder", der Schüler beschließt, sich statt heimzugehen, ein Eis zu kaufen und zu bleiben
17.18: zufällig erwische ich den Chef und frage, wie ich das denn machen soll, wenn ich schon als erster Programmpunkt dran bin, und sofort mit der Früherziehung fortfahren soll, der meint, eine Kollegin soll die Kinder für mich zusammenhalten
17.20: die ersten Früherziehungskinder, für die 17.30 eingeplant war, kommen
17.25: eines der Kinder offenbart mir, dass er das Lied nicht mehr kann, ich gehe mit ihm noch mal den Text durch
17.30: der Schüler, mit dem ich vorher telefoniert hatte, tritt an mich heran: "Hast du ein Mundstück für mich?" - "Wo ist deines?" - "Der M. hat es mir nicht in den Koffer getan." - vor versammelten Eltern und Früherziehungskindern brülle ich ihn an: "Wenn ich das schon höre, der M. hat es mir nicht in den Koffer getan. Wen gehört denn das Instrument?" - "Mir." - "Dann musst auch DU darauf achten, dass du deinen Kram beieinander hast."; zerknirscht zieht er von dannen
17.35: alle Früherziehungskinder sind da
17.36: sie bringen es ob des Trubels, der rundherum herrscht nicht zustande, eine Zweierreihe zu bilden
17.37: ich lotse sie in den Seitensaal, offenbare ihnen, dass nicht ich mit ihnen auf die Bühne gehen kann, weil ich schon oben sein werde, Verzweiflungsattacke der Kinder, Ratlosigkeit, ich beruhige sie und sage, dass die andere Frau Lehrer nur mit ihnen auf die Bühne geht, dass aber ich mit ihnen singe, sie beruhigen sich wieder
17.39: wir proben das Lied nocheinmal
17.42: ich feuere sie an, laut zu singen und gehe mit ihnen dann wieder zu ihren Eltern
17.43: eines der Kinder kann seine Eltern nicht finden
17.45: zwei Mädels übernehmen für mich den Knaben, ich suche die andere Frau Lehrer, kann sie aber nirgends finden
17.47: mein Maestro tritt an mich heran: "Komm, wir spielen unser Stück noch einmal durch."
17.50: der Schüler hat ein Mundstück aufgetrieben, auch sein Mitspieler ist wieder aufgetaucht, wir proben das Stück
17.53: ich kann die andere Frau Lehrer noch immer nicht finden, dafür findet mich eine Mutter einer weiteren Schülerin, mit der ich auch spielen soll und sagt, sie würde schon auf mich warten
17.54: ich muss auf die Bühne zum Soundcheck der Band, wir finden keinen Strom für die Verstärker, schließlich finde ich doch Strom, muss dafür die Aktivbox mit integriertem CD - Player abstecken, andernorts wieder anstecken, sie beginnt von alleine zu spielen, bin aber so geistesgegenwärtig und schalte sie wieder aus
17.56: die Keyboards sind noch nicht aufgebaut, auch das Schlagzeug noch nicht, ich springe von der Bühne, die andere Frau Lehrer ist noch immer nicht zu finden, also instruiere ich einen Elter, die Kinder zusammen zu fangen und sie auf die Bühne zu schicken
17.58: der Chef tritt an mich heran, und sagt mir, dass ein Programmpunkt ausfallen würde, zwischen Früherziehung und meinem nächsten Einsatz bleibt mir somit nur ein Song, bei dem ich nicht beteiligt bin, um die Schülerin, die gleich danach dran ist aufzutreiben
17.59: der Soundcheck kann beginnen, auf der Bühne ist es unerträglich heiß, quälender Durst plagt mich
17.59 und 30 Sekunden: der Chef kommt mit einer Autonummer, man muss den Besitzer auffordern, wegzufahren, da er jemanden die Ausfahrt verstellt
18.00: ich schnappe mir das Micro und mache die Durchsage gleich selbst, ich werde noch durstiger, auch meine Blase meldet sich
18.01: der Soundcheck beginnt nun endlich
18.03: ich schaue in den Saal, der Elter und die Früherziehungskinder sind weg, ich atme durch
18.04: das Saallicht wird abgedreht, die Bühnenscheinwerfer treiben mir den Schweiß waagrecht aus den Poren
18.05: letzter Blickkontakt mit den Bandkollegen, ich mache den Versuch eines Lächelns, und nicke mit dem Kopf, der Kollege an der Gitarre ist noch nicht spielbereit, aber der Bandleader beginnt schon einzuzählen: "Eins, zwei - zwei, zwei." Es hat begonnen.
18.08: das erste Lied ist durch, ich kann kaum noch schlucken, so trocken ist mein Mund, der Chef macht die Begrüßung
18.10: "One, two, three, vier" - der zweite Song beginnt, ich beginne zu zittern, kann kaum noch die Seiten des Basses drücken, weniger aus Nervosität, denn aus Dehydration, mein Blick klammert sich eisern an die Noten, meine Ohren sind bei den Anderen
18.13: tosender Applaus, ich vergesse mich zu verbeugen, fange sofort an, wieder alles von der Bühne zu räumen, auch die Kollegen arbeiten schnell und machen die Bühne ganz leer
18.15: die Saaltür öffnet sich, der Elter bugsiert mir die Kleinen auf die Bühne, ich verkleide mich noch schnell, beginne zu klatschen, während die Kleinen auf die Bühne staksen, der Saal klatscht mit
18.16: vor lauter Schauen sind die Kleinen nicht fähig, sich in einer geraden Reihe aufzustellen
18.17: sie stehen in einer Anordnung, die man als gerade Reihe gerade noch durchgehen lassen kann, ich merke, dass ich kaum noch schlucken kann, so trocken ist mir der Mund, ein letztes Mal feuere ich sie an, laut zu singen, es geht los. Sie singen gleich gar nicht, ich muss es alleine bestreiten, aber sie tanzen ziemlich cool!
18.18: sie gehen ganz vor an die Bühnenrampe, und spritzen mit den mitgebrachten Spritzpistolen ins Publikum, Gelächter und schallender Applaus, ich gehe mit ihnen von der Bühne
18.19: ein Song Zeit, meine Schülerin zu finden, mein Instrument zu holen und wieder auf die Bühne zurück zu kehren
18.20: ich fetze durch die Anlage, kann die Schülerin natürlich nicht finden, mein Hals ist trocken, ich zittere unkontrolliert, bin noch immer nicht nervös, sondern am Rande des Umfallens
18.21: ich erspähe die Schülerin, gemeinsam fetzen wir in den Seitensaal
18.22: wir spielen den Anfang des Stückes an, da höre ich schon den Applaus vom Saal, wir beeilen uns auf die Bühne
18.23: ich finde keinen Tropfen Speichel (was bei der Blockflöte sowieso nicht von Nöten ist), kann das Zittern kaum mehr verbergen, die Scheinwerfer knallen mir auf den Schädel
18.24: der Flügel, der jetzt auch zum Einsatz kommen soll, ist verbarrikadiert, der Kollege muss wieder sein E-Piano aufbauen, der Chef sagt zu mir: "Wir ziehen die Flöte vor.", meine Schülerin sagt: "Ich bin so aufgeregt, ich kann nicht spielen." - "Ich bin auch aufgeregt, aber wir stehen das jetzt gemeinsam durch.", ich weiß nicht mehr wo mir der Kopf steht, hab das Stück auch gar nicht präsent, aber ich erinnere mich, dass ich noch etwas Wichtiges sagen muss: "Bevor wir spielen, soll ich sagen, dass S. das Stück extra für ihre Mama spielt." Ich schaue S. an, sie nickt mir zu und es geht los. Meine Hände zittern so, dass ich die Flöte kaum am Mund halten kann, aber ich bin nicht aufgeregt, weiß wieder ganz genau was ich tue, kann auf einen verpassten Einsatz sogar so gut reagieren, dass es nicht weiter auffällt.
18.26: Meine Schülerin verbeugt sich, es ist ausgestanden
18.27: während die Klavierspieler ihre Darbietungen bringen, sind S. und ich hinter dem Vorhang, ihre Augen blitzen, sie ist glücklich, und sagt: "Aber meine Hände haben so gezittert." - "Meine auch, aber wir haben sehr schön gespielt."
18.30: der Block ist zu Ende, wir gehen von der Bühne, ich habe derweil meinen Bass wieder eingepackt, auch die Utensilien von der Früherziehung
18.31: im Einspielzimmer bereite ich die nächsten Auftritte vor, trinke einen halben Liter Mineralwasser - endlich - und entleere dann meine Blase (schon am WC!), dann rauche ich drei Zigaretten, bin mittlerweile so erschöpft, dass ich gar nicht mehr nervös sein kann, tratsche mit einer Kollegin am Gang, die ich seit dem Semester nicht mehr gesehen habe - Fachgespräche; währenddessen trinke ich das restliche Mineral aus.
Meine Schüler, die als nächstes dran sind tauchen auf, die Zeit verrinnt, einer muss noch "schnell" aufs Klo (der mit ohne Mundstück), er taucht nicht auf. Ich will schon einen Suchtrupp ausschicken, da kommt er endlich.
Noch ein Song, dann sind wir dran.
Wir holen unsere Instrumente, stimmen ein. Den beiden schlottern die Knie. Mir nicht. Ich bin entspannt.
Die Hitze auf der Bühne ist mittlerweile unerträglich geworden. Bevor wir gemeinsam spielen, schwitzen wir gemeinsam. Den Schülern rinnen Schweißbächlein über die Schläfen, mir über den Rücken.
Ich singe ihnen den Anfang des Stückes vor. Sie nicken. Wir spielen. Der eine hat vor Aufregung vergessen, dass es in G-Dur kein b gibt. Es klingt erbärmlich. Aber es ist zu spät. Wir drücken das Stück irgendwie durch. Schade. Ich bin froh, dass der Chef die Rüge gleich selbst übernimmt.
Wir gehen von der Bühne.
Fünf Songs, dann mein letzter Auftritt, wieder in der Rolle des Schülers. Ich entledige mich des schnell verarbeiteten Mineralwassers. Als ich zurückkomme, ist gerade noch ein Song übrig. Wir stimmen die Gitarren noch einmal durch. Auftritt.
Im Sitzen ist es nicht so heiß.
Irgendwann im Stück habe ich die Akkordfolge vergessen. Ist aber nicht schlimm.
Von der Bühne.
Alles eingepackt.
Zurück in den Saal.
Der Notausgang ist geöffnet, ich gehe hinaus und rauche eine.
Euphorie macht sich breit.
Ich hab's geschafft.
Das Schuljahr ist gelaufen.
Ausgelassen höre ich mir den Rest des Konzerts an.

Als es aus ist, warte ich, bis alle aus dem Saal sind, hole dann meine Sachen, lasse mir den Bass-Verstärker an die Bühnenrampe geben. Ich schleppe den Verstärker zum Auto. 10 Männer sehen mir dabei zu. Ich denke nur: "Ich bin emanzipiert. Und nach so einem Trip brauche ich eure Hilfe auch nicht mehr." Ich passe den Verstärker wieder in den Kofferraum.
Gehe zurück in den Saal, um E-Bass und Trompetentasche zu holen. Auf dem Weg wieder hinaus, kaufe ich mir Zigaretten an der Bar. Der Wirt bewundert mein Stiegl Schlüsselband. Ich registriere, dass es hier Stieglbier gibt und gönne mir einen Pfiff. Die Kollegen schauen mich schief an, weil sie ständig irgendwelche Sachen schleppen. Ich zünde mir demonstrativ eine Zigarette an und habe beschlossen: "Ich habe heute mein Quantum wohl schon geleistet. Keinen Finger rühr ich mehr."
Der Pfiff ist schnell erledigt. Ich schleppe meine eigenen Sachen zum Auto. Öffne das Dach, lasse die Seitenscheiben herunter. Meine Kolleginnen scharen sich um mich. Bewundern mein Auto. Neidische Blicke, dahinter aber gönnend. Ich grinse.
Es ist fast 20.00. Ich warte auf eine Kollegin, die mich zum Ort der Konferenz lotsen soll. Sie kommt nicht daher. Eine andere kennt auch den Weg. Ich fahre ihr hinterher. Oben am Bergbauernhof angekommen genieße ich die Zeit bis zum Eintreffen der restlichen Kollegen und wünsche mir, dass wir die Konferenz in meinem Auto abhalten. Eine kleine Konferenz wird rund um mein Auto abgehalten.
20.15 alle sind oben eingelangt. Die Konferenz beginnt. Ich weiß noch, dass ich viel hätte sagen wollen. Vor lauter Erleichterung weiß ich aber überhaupt nicht mehr was alles. All die Krämpfe und Kämpfe der letzten Zeit haben sich in Lächeln aufgelöst. Die Stimmung auf der Konferenz ist überaus entspannt. Die Aussichten aufs nächste Schuljahr weniger.
Aber es ist mir egal.
Kurzer Ärger keimt in mir auf, dass manche Kollegen gleicher als gleich sind, eine deftige Jause vom Chef spendiert hilft mir, ihn aber gleich zu verdauen. Ich weiß, dass meine Stunde noch kommt. Aber nicht im versammelten Kollegium, sondern in Einzelgesprächen.
22.00 letzte Besprechungen mit meinem Maestro, was wir in der letzten Stunde des heurigen Schuljahres noch alles anstellen werden.
22.05 ich verabschiede mich.
Beim Hinausgehen merke ich, dass ich kaum mehr gerade gehen kann, vor lauter Erschöpfung, aber die klare, kühle Bergluft hilft mir, meinen Taumel zu überwinden.
Irgendwann um 23.00 komme ich zuhause an.
Kurz danach bin ich daheim.
In Deinen Armen.

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Gestern ein Wort geschenkt bekommen

das ziemlich genau meine Befindlichkeit ausdrückt:

"Saison - Koller".

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"Liebe und Hass,"

sagte er feststellend und fragend zugleich, "liegen schon sehr nahe beieinander?!"
"Ja," antwortete ich, "denn ohne das eine, kann das andere nicht sein."
Schweigend löffelten wir unsere Suppen aus.

Später fragte ich zurück: "Und was ist geblieben?"
Langsam schüttelte er den Kopf. Und sagte endlich: "Nichts. Gar nichts ist geblieben."

"Danach sieht es aber nicht aus," wollte ich sagen.
Aber es ist mir zu spät eingefallen.

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ich mir mit der brille von vor 20 jahren (zum...
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