Wie das manchmal so ist in der U-Bahn.
Man sitzt so da. Vergräbt seinen Kopf in eine Zeitung oder eine Zeitschrift oder ein Buch, so ganz a la Vogelstrauß, in der Annahme, wenn man die anderen nicht sieht, sehen sie einen auch nicht, und dann geschieht es:
Vier alte Damen steigen ein.
Ein tolles Kleeblatt.
Sie riechen nach Wirtshaus.
Bis zu mir.
Und tratschen - so nennt man das glaub ich.
Und ihre Unterhaltung ist plötzlich viel wichtiger. Wichtiger als die Zeitung, die Zeitschrift oder das Buch.
Sogar wichtiger, als die vermeintliche Vogelstraußtechnik.
Ich hebe meinen Kopf, um zu sehen, wer da meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Wirklich eine fidele Runde, denke ich, und muss lächeln, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, das nicht zu tun.
Da fallen Worte:
"Dies und das müsste ich noch erledigen. Dann, in der Pension."
Gegacker aller vier.
"Ins Theater woll ma gehen."
"Ja, im Winter. Weil im Sommer geht ma ja ned ins Theater."
"Im Winter a ned, weil da is wieder der Schnee."
Gegacker aller vier.
"Na, für des hob i jo ka Zeit. I bin jo in der Pension,"
Gegacker aller vier.
Dann eine Ansprache:
"Wos i mir für die Pension alles vorgnommen hab. Glaubst i kammat zu was? Nix is. Ois a Schmorrn." -wegwerfende Geste.
Gegacker aller vier.

Und ich denke:
"Ich bin unter anderem nach Wien gekommen, um ins Theater zu gehen. Und in die Oper. Billanz aus 4 Jahren Wien: Oper=1; Musical=2; Theater=0. Weil im Sommer geht ma jo ned ins Theater und im Winter is da Schnee. Und was ich mir alles für die freien Tage vorgenommen habe. Ois a Schmorrn."

Trotz 40 Jahren Altersunterschied.

...alle Ideen die ich (wir) habe(n)/hatte(n)...
führt ein anderer aus.

Ständig das Rad von vorne zu erfinden, macht auf Dauer auch keinen Spaß...

...hat anscheinend doch noch kein Ende gefunden.
Gestern - ich stand gerade in der U-Bahn, also am denkbar günstigsten Ort, ein geschäftliches Gespräch zu führen - läutete mein Telefon.
Der Verlag. Mit dem ich eigentlich schon abgeschlossen hatte. Die Dame, die "für" "mich" zuletzt zuständig war, war dran und klang zerknirscht: "Ich habe Ihnen bei unserem letzten Telefonat zugesichert, dass ich Ihnen Ihre Manuskripte zurückschicken würde."
"Ja?"
"Jetzt habe ich den Stapel vom Herrn R*** durchgesehen und sie sind nicht dabei."
"Ja wo ist denn der Herr R***?"
"In Wien."
"Da bin ich auch. Und wo sind meine Manuskripte?"
"Das weiß ich nicht, aber ich verbinde Sie mit dem Verlagsleiter. Momenterl."

Ein kurzer Moment der Stille trat ein, dann meldete sich eine sonore Stimme. Der Herr Verlagsleiter.
Der sagte mir wieder, dass das Manuskript unauffindbar sei, was er sich nicht wirklich erklären könne, denn: "Selbst unverlangt eingeschickte Manuskripte landen irgendwann auf meinem Schreibtisch."
Das klang jetzt vielversprechend.
Er könne sich weiter nicht vorstellen, dass es verloren gegangen sei, aber: "Fr. Spanny, wissen Sie, wir haben sehr viele freie Mitarbeiter. Es kann sein, dass der Hr. R*** schon einen freien Lektor damit beauftragt hat. Wann haben sie denn ungefähr eingeschickt."
"Das weiß ich noch ganz genau. Am 13. Juni."
"Aber das ist ja noch gar nicht lange her!"

Ha - das liegt wohl im Auge des Betrachters.

"Wissen Sie, es kann bis zu einem Jahr dauern, bis das Manuskript wieder auf meinem Schreibtisch liegt und mir der Lektor dann sagt, ob es was ist oder nicht."
Ein Hoffnungsschimmer!!!

Also alles in allem - ich brauch mir keine Sorgen machen, es ist sicher "irgendwo" und nicht verloren gegangen.
"Haben sie denn kein weiteres Manuskript."
Ich zerknirscht: "Mittlerweile schon wieder..."
"Na dann ist der Verlust ja nicht zu groß. Auf Wiederhören."

"Aaaaaaaaber..."
Klick.