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Mittwoch, 29. Januar 2003
Hab da was gefunden:

Versuch über ein Ego – Zentrisches – Weltbild

Erste Abteilung: Vorausschickende Überlegungen

Egozentrik – Was ist das?

Wir stützen uns bei unserem Versuch auf die Definitionen aus dem Fremdwörterbuch von Duden, wo zu finden ist:

Egozentrik: Einstellung od. Verhaltensweise, die die eigene Person als Zentrum allen Geschehens betrachtet und alle Ereignisse nur in ihrer Bedeutung für u. in ihrem Bezug auf die eigene Person wertet.
Egozentriker: jmd., der egozentrisch ist.
egozentrisch: ichbezogen; sich selbst in den Mittelpunkt stellend (im Unterschied zu egoistisch aber nicht auf das Handeln zielend, sondern Ausdruck einer Weltauffassung, die alles in bezug auf die eigene Person wertet).

Mit diesen Definitionen, meint man, sei schon alles gesagt. Doch wir würden nicht den Versuch wagen, meinten wir nicht, wir hätten noch mehr als das darüber zu sagen. Deshalb nehmen wir uns die Freiheit, das Wort noch näher zu zerlegen, nämlich in Ego und Zentrum.

Das Ego ist das Ich, philosophisch gesehen. Und das Zentrum, der Mittelpunkt, ein Brennpunkt. Wenn wir nun das alles in den Topf der Gedanken werfen, ein wenig köcheln lassen und dann das fertige Produkt zu unserem Nutzen noch einmal verkosten, so wünschen wir uns, unter Ego – Zentrik folgendes zu verstehen: Das Zentrum im eigenen Ich zu suchen.

Daraus ergeben sich natürlich mannigfache Probleme, die es alle hier zu behandeln gilt. Das sei unser Versuch.

I) Egozentriker – die abfällige Bemerkung

Wann immer man in der Öffentlichkeit hört: „Das ist ja ein Egozentriker!“, können wir davon ausgehen, dass diese Bemerkung nicht wohlwollend gemeint ist. Man meint mit diesem Ausruf einen, der meint, er sei der Nabel der Welt. Alles müsse sich um ihn drehen, alles sei auf ihn bezogen – also ganz in dem Sinne, laut Definition. Meist erleben wir einen solchen Menschen als recht aufdringliche Person, deren Anwesenheit uns eher aufgekratzt macht, denn beruhigt.

Der Egozentriker selbst ist meist enttäuscht, wenn er bemerkt, dass sich das Geschehen nicht um ihn dreht. Er unterliegt gleichsam dem Zwang bei allem was er tut, im Mittelpunkt zu stehen. Ist das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, so ist er gewiss über alle Maßen enttäuscht, und wenn dies während einer geselligen Veranstaltung passiert, so wird man den Egozentriker alsbald müde und enttäuscht in einem Eck stehen sehn, und er wird so erbärmlich dreinschauen, dass sich jemand bemüßigt fühlt, ihn anzusprechen und sich um ihn zu kümmern, wodurch der Egozentriker wieder sein Ziel erreicht hat. Wenn er schon nicht Mittelpunkt der Veranstaltung ist, so zumindest Mittelpunkt im Gespräch mit dem bedauerlichen Zeitgenossen, der sich seiner angenommen hat.
Wird dem Egozentriker selbst diese Freude verwehrt, können wir uns auf einen Abgang dessen gefasst machen, der noch lange in Erinnerung der Gesellschaft bleiben wird.

Nicht, dass ein Egozentriker eine besonders schillernde Person wäre. Sicher gibt es solche Paradiesvögel unter ihnen, aber was sie zu einem Egozentriker macht ist meistens ein Defizit in ihrem Seelenleben.
Aber das mag ein Psychiater untersuchen, wir versuchen hier eine philosophische Abhandlung.
Ob nun zurecht, oder umsonst – man kennt das Wort „Egozentriker“ als eines, mit einem bitteren Beigeschmack. Aber ob dem so sein muss, in Hinkunft, nach dem die Welt unseren Abriss gelesen hat, wird sich noch weisen.

II) Ego – Zentrik als globales Problem

Es ist nun aber nicht nur so, dass einzelne Personen von Ego – Zentrik – im noch alten Sinne betroffen sind -, sondern, dass gleich ganze Völker davon befallen sein können. Wir nehmen uns die Freiheit, unsere bescheidene Meinung kund zu tun, dass wir darin den Grund für den Niedergang sämtlicher Hochkulturen sehen.

Gerade jetzt erleben wir wieder eine solche Verblendung: am amerikanischen Volke. Wir fragen uns, wer denn ein solches Gebaren nicht als anmaßend empfindet. Doch auch die Politik ist nicht unser Problem. (Obwohl wir uns schon fragen – wer sich dermaßen nach außen verschwendet – muss da nicht viel Dunkles im Inneren sein? Und durch die großen Gebärden möchte man nur davon ablenken, auf dass nur ja niemand genauer hinsieht und eventuell nachfragt...Lassen wir das dahingestellt.)

III) Ego – Zentrik als Erziehungsfehler

Nun werden immer wieder Stimmen laut, die meinen (und das war durchaus zu allen Zeiten da): „Die Jungend von heute!“ und darauf folgt verächtliches Zungenschnalzen. Die Jungend von heute, sind die Söhne und Töchter der Jungend von gestern.
So ist es heute so, dass die Kinder verhätschelt werden, jeder Wunsch wird ihnen von den Augen abgelesen, und wenn nicht von den Augen abgelesen, so doch aus der Nase gezogen. Sie haben alles, sie bekommen alles und irgendwann muss im Kinde dann doch der Eindruck entstehen: „Wow, die ganze Welt dreht sich um mich.“
Und wieder haben wir einen Egozentriker gezogen.

IV) Ego – Zentrik, die latente Falle

Wir wagen zu behaupten, dass jeder schon einmal in der Situation war, zu sagen: „Warum passiert ausgerechnet mir das?“ – Diese Frage ist genau die richtige, wird aber in den meisten Fällen falsch, mit halben Herzen gestellt, bzw. falsch verstanden. Wir fragen sie so, als würde z. B. keinem anderen die Straßenbahn vor der Nase davon fahren. Nur uns. Aber die Straßenbahn fährt ja auch anderen davon. Wenn ich mir die Frage stelle, darf sie nicht zu rhetorischen Frage verkommen, sondern muss vollkommen ernst ins Zentrum des Egos gestellt werden, um daraus auch eine WIRK – liche Antwort zu erhalten.
Oft genug wird die Frage: „Warum passiert ausgerechnet mir das?“ als Schlüsselfrage gestellt, um danach in Selbstmitleid zu zerfließen, aber besser noch, um von anderen bedauert zu werden, was unserer bescheidenen Meinung nach ein Rückfall in die Egozentrik per definitionem bedeutet.
Man sei dazu angehalten, wenn man die Frage schon stellt, ernsthaft zu hinterfragen, warum uns dieses oder jenes widerfährt. Vielleicht ist die Straßenbahn ein zu geringes Beispiel, als dass man die Tragweite der Frage wirklich darstellen könnte, aber, wie verhält es sich, wenn uns eine ernste Krankheit heimsucht.
Die meisten Vorfälle, die die Frage: Warum passiert ausgerechnet mir das? nach sich ziehen, sind Schüsse vor den Bug. Warnungen. Winke mit Zaunpfählen. Würde man nun der Frage ein bisschen eingehender nachlauschen, horchen, welche Resonanz sie in der Seele findet, kämen da schon Antworten. Doch meistens sind wir dann schon damit beschäftigt, uns selbst zu bedauern, sodass wir die wahre Antwort gar nicht mehr hören.

V) Egozentrik unter dem Blickwinkel „zwei Seelen wohnen ach!“

in meiner Brust (Johann Wolfgang von Goethe, Faust I)
Der erwachsene Mensch, wird von sich behaupten, um seine seelische Gesundheit in der Welt zu manifestieren: Ich bin ich. Und es darf nur ein Ich geben, denn es gibt genug Krankheitsbilder, z. B. das der multiplen Persönlichkeit und an der Seele krank möchte man ja nicht sein. Dazu ist der gemeine Mensch im allgemeinen zu egozentrisch.
In Wahrheit ist es aber so, dass nicht eine Seele, nicht zwei Seelen, sondern derer mehrere in eines jeden Brust wohnen.
Mit dieser Gegebenheit möge sich der erwach(s)ende Mensch einmal abfinden. Es wird sicher schon aufgefallen sein, dass man in Situationen gerät, in denen man so reagiert, dass man meinte, man erkenne sich selbst nicht mehr. Mag das nun im Taumel der Freude sein oder in wilder Rage. Irgendwann gelangte schon jeder an den Punkt, wo er verwundert vor sich selbst stand und dann vielleicht sogar zur Entschuldigung sagen musste: „Das war nicht ich.“
Doch.
Denn das Ich ist facettenreich. Da gibt es in jedem von uns den Schwerenöter, das Kind, die Bestie, den Edlen, den Gelehrten, den Geistlichen, das Böse, den Schwerverbrecher. Alles das und wahrscheinlich noch viel mehr. Wir fänden es überaus schade, einen Menschen auf nur ein Ich zu reduzieren und zu beschneiden.
Für den wahren Egozentriker wäre es an dieser Stelle ratsam, den Versuch zu wagen, sämtliche Facetten seines Ichs kennen und lieben zu lernen. Nur dann kann es unserem Versuch dienlich sein.

VI) Egozentrik und der Spiegel

Wir hören nicht auf, dem geneigten Leser, so er bis hier vorgedrungen in den vagen Andeutungen, Dinge zu unterstellen, die nur im Bereich des Wahrscheinlichen liegen, und daher nur Vermutungen sein können. Also auch diese Unterstellung: Dass jemandes Blick schon mindestens einmal in dessen Leben, einen Spiegel streifte und er ob der Erscheinung darin erschrak. Weil er nicht damit gerechnet hatte, so auszusehen, wie er im Moment gerade aussieht. Und ich spreche da nicht unbedingt von Morgen nach bacchantischen Trinkgelagen oder gar von Krankheit, sondern von einem normalen Zustande in der physischen Verfassung. Fassungslos steht man dann also da und betrachtet sein Konterfei, als hätte man es noch nie in seinem Leben gesehen.
Doch einem aufmerksamen Beobachter seiner selbst, wird wohl schon aufgefallen sein, dass man nicht immer und jeden Tag gleich aussieht. Die momentane Verfassung, also der jeweilige Seelenzustand, spiegelt sich im Gesichte wieder, so auch im Spiegel.
Um jetzt auf das oben Ausgeführte Bezug zu nehmen: Jede Seele, die da ach! in eines Brust wohnt, hat auch ihr spezielles Spiegelbild. Und man beachte: So wie man sich im Spiegel sieht, der ja nur ein tumber Lakai ist, erscheint man auch den anderen Menschen.

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also jetzt muss es ja
so sein, dass die wenigsten hier wissen, dass ich ein...
by mystagog (25.02.22, 19:45)
noch gar nicht derweil helfe
ich mir mit der brille von vor 20 jahren (zum...
by mystagog (24.02.22, 21:17)
links und so

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