...plauderseite
Mittwoch, 2. Oktober 2002
Herbstgespräch (Teil 1)

Der Morgen ist so klar, dass selbst der Schatten, den die Erde auf den Mond wirft, durchscheinend ist. Ein kurzer Blick in die Runde. Ja. Alle Sterne da – „Gott der Herr hat sie gezählet…“
5.40 – erste Runde mit dem Hund.
So kurz vor Tagesanbruch ist es am ruhigsten. Es scheint der Punkt der höchsten Konzentration, bevor das Treiben des Tages beginnt. Es ist der Punkt, an dem alle noch mal zurück sinken in die Aufgeregtheit der letzten Träume. – Jene Träume, die nach dem Aufwachen noch bei einem sind. Bis unter die Dusche. Und dann weggespült werden, mit dem erlösenden Nass. An die man sich in einer ruhigen Minute vielleicht noch wie zufällig erinnert, später am Tag, und dann langsam ihren Sinn bekommen.

Träume.

Welch ein Wort.

Es spricht von Farben. Von buntem Treiben. Von Musik. Von Zuflucht, wie auch Offenbarung. Aber das kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet.
Und von Gefahr. Aber von Gefahr, die man ausblenden kann. Von Gefahr, die nicht greifbar ist, und auch nicht greifen kann. Eine recht sichere Gefahr. Oder sehr gefährlich. Aber das kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet.

Wachen oder träumen?
Und wo genau liegt eigentlich der Unterschied, denn es heißt ja: WACHEN oder träumen. Nicht etwa „schlafen“ oder träumen.

Langsam gehen hie und da die Lichter an.
Manche sind schon „wach“.
Doch noch fehlt der Lärm des Tages. Es herrscht die Ruhe des frühen Morgens. Man bewegt sich anders. Leiser. Vorsichtiger. Geschmeidiger – um die Lieben nicht zu wecken.

Einige Katzen sind noch unterwegs. Es ist Katzenzeit. Den Hund lässt das allerdings einigermaßen unbeeindruckt. Entweder er hat ein Arrangement mit den Katzen am Ort getroffen oder aber er hat gelernt, dass es für die Katz ist, ihnen hinterher zu jagen. Da der Hund der nächste Dalai Lama sein wird (oder der übernächste…), nehme ich an, dass es eine Kombination aus beidem ist.

Eine Stunde später setzt die Dämmerung ein.
Vereinzelt bringen ein paar Vögel ihr Morgenlied. Die meisten werden wohl schon in gastlichere Gefilde gezogen sein. Recht haben sie. Sie träumen nicht erst. Sie folgen. Ihrer Natur.
Allein sie haben nicht das Problem, von dem ich mich dann und wann, jetzt gerade besonders gedemütigt fühle – nämlich nicht über den Nestrand hinaus blicken zu können. Der Blick kommt bald. Und darauf spannen sie schon ihre Flügel und fliegen. Hinaus in die Welt. Und wissen nichts. Oder wissen alles. Sie folgen. Ihrer Natur.

Und wieder stößt ein Gedankenhauch die Traumtür auf – was mag jenseits liegen? Hinter dem gedankenverwobenen Nest, das ich mir so sorgfältig – einfältig – gebaut habe? Ahnungen und Träume. Aber wissen – tu ich es nicht. Weil mir der Mut fehlt, den Kopf zu heben. Lieber renne ich geduckt umher, brötle in meinem Eigen herum. Stochere in der Suppe des Alltags und habe weder Hunger, noch Appetit, sie zu essen. Der Gusto kommt mit dem Essen. Noch ein Bissen und ich hab den Rand voll.
Vielleicht ist es mir dann sogar egal, ob ich Flügel habe oder nicht. Und springe.

Springe einfach aus dem Nest. Springe einfach in das Nichts.
Stürze mich hinab in die Tiefen des Nicht – Wissen – Müssens. Weil ich folge. Einem Ruf. Einer Sehnsucht. Einem Traum.

Als ich mit dem Hund zurück komme, den ich um seine gute Laune beneide und mit der er mich beinah angesteckt hätte mit seinen ständigen Spielaufforderungen, bin ich froh, dass noch etwas warmer Kaffee da ist. Ich weiß nicht wieso. Vielleicht, weil etwas Warmes zu mir zu nehmen der einzige Weg ist, Wärme aus mir zu fühlen. Denn die Kälte beißt nicht. Sie kriecht. Herbst eben. Und sie kriecht bis in den letzten Winkel meines Herzens und kein Sonnenstrahl – noch nicht – an den sich meine bangende Seele klammern könnte.

„Gott!?!“ – Ich stoße meinen Ruf in die morgendliche Ruhe. Und warte.
Jemand ist bei mir. Ich kann ihn fühlen. Ein Gesandter. Er ist stets hinter mir, hält seine Hände an meine Schulterblätter, damit ich nicht zurück falle. In was auch immer. Und das ist gelogen. Ich weiß sehr wohl, in was ich zurückfallen könnte.
Ich warte.
„Ich bitte Dich, hilf mir.“
„Wobei?“ kam es lapidar.

herbstmorgen

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danke,

dein morgenspaziergang liest sich gerade heute morgen, wo ich noch nicht richtig aus den augen raussehe, sehr fein.

lachen musste ich allerdings beim "geschmeidiger bewegen um die lieben nicht aufzuwecken". ich versuche zwar auch, meine lieben schlafen zu lassen, von geschmeidig ist bei mir um 06:15 aber leider gar keine rede. ;-)

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*ggg*

Jepp!

Ich denke da auch an meinen steifen Rücken...
tstststs.
...aber irgendwie ist es schon so, oder???
m.

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links und so

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