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Dienstag, 25. November 2003
Verehrte Ameisenschaft!

ES ist eröffnet!

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Novembergespräche mit Gott

Mein Gott war tot. Für mich war er gestorben.
Und begraben. Tief, irgendwo verscharrt zwischen Schichten von Wut und Verzweiflung, Aussichtslosigkeit, Enttäuschung und grenzenloser Ohnmacht.
Der Grund war der selbe, wie damals, als ich das erste Mal mit meinem Gott brach und ich nicht vorhatte, je wieder zu ihm zurück zu kehren: Er kam mir unendlich selbstgerecht vor, als einer, der selbst dann noch auf einen hintritt, wenn er schon am Boden ist. Als ungnädig und hart. (Doch ich hatte Gott nach meinem Ebenbild geschaffen.)
Wenn man sich nicht hinwenden kann, trotzdem oder deswegen, muss man sich abwenden. Ich musste mich abwenden, weil ich nicht daran glauben konnte, an diesen „göttlichen“ Plan, der all dem Schrecklichen das rund um mich geschah zugrunde liegen sollte. Der Weg dahin führte über den Glauben an einen schlechten Scherz. Aber Gott scherzt nicht.
Mich zu fragen, worauf er denn hinaus wollte, dazu kam es nicht mehr. Ich hatte mein Herz schon verschlossen und war blind und taub geworden. (1)

Der Tag war schrecklich. Es war viel zu viel geschehen, als für einen kleinen Menschenverstand möglich war, zu verkraften. Und meine Hilflosigkeit verschaffte sich in unbändigen Zorn Ausdruck, den ich gegen den Menschen wandte, den ich liebe. (2)
Daraufhin fühlte ich mich erst recht elend. Ich war zu einem Stabkorn geschrumpft, auf dem übermächtige Füße trampelten.
Auf heiße Zornestränen folgte eisiges Schweigen. Ich flehte andere Menschen um Hilfe an, allein – sie konnten mir nicht raten. Denn verschlossen war das Tor. Zu meinem Herzen. (3)

Aber die Liebe ist langmütig und schließlich kam sie wärmend auf mich zu und sagte: „Komm, wir fahren.“
Ja.
Weg.
Weg von hier.
Ich wollte gehen.
Weg von all dem.

Aber zu wen kann man gehen, wenn man für den Rat der Menschen unempfänglich geworden ist und man einen Haufen Antworten hat, die man ohnehin nicht wollte, aber die rechten Fragen nicht weiß?
Ich musste ihn wieder finden und wieder beleben. Meinen schrecklichen Gott. Und es musste schnell gehen, bevor ich ganz zur Salzsäule erstarrte, bei meinem Blick zurück auf all den Schrecken, der geschehen war. (4)

Es gibt einen Unterschied zwischen sich klein fühlen und klein sein. Zwischen gedemütigt werden und demütig sein. Nur den Hochmütigen kann man demütigen. Also musste ich meinen Hochmut, meinen Stolz und meine Ehre brechen, um endlich so klein zu sein, wie ich mich schon fühlte. (5)

Ich wandte mich an die Hohe – Priesterin und ließ mich ganz in ihren Fluss fallen, der mich rein wusch, von allem, das mein Herz verstellte und mich hart und unbiegsam machte. Den Schmerz, der mich dabei erfüllte, kann ich nicht beschreiben. Doch es war der Schmerz der Erleichterung. (6)
Musik lässt keinen Zorn zu. Musik lässt keine Hilflosigkeit oder Enttäuschung zu. Sie ist der heilsame Fluss, der dich beim kleinsten Funken Zweifel zurück ans Ufer spuckt.
Also spielte ich. Bis ich vor Tränen keine Noten mehr sah und ich erschöpft zurück sank.

Was ich dann tat, war nicht notwendig, aber auf seine Weise tat es gut, und brachte mich zu einem Wert zurück, den ich beinah vergessen hätte – der Freundschaft. (7)
Der Kater folgte auf den Fuß. Und doch war er gnädig, denn er ließ nichts anders zu, als mich aus zu ruhen. Es war viel geschehen. Zu viel. (8)

Tags darauf ging ich hinaus.
Es fröstelte mich im stillen Nebel.
Aber er war da: „Kennst du jetzt die Fragen?“
Still nickte ich.
Als er hauchte: „Dann ist es gut.“, wandte sich das Blatt vor meinen Füßen. Ich war einverstanden. (9)

(1)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Warum kommst du nicht zu mir und fragst mich? Warum stellst du die Frage nur in den Raum, anstatt dich ihr in aller Liebe zuzuwenden?“
(2)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Warum gibst du deinen Zorn nicht mir? Bei mir ist er besser aufgehoben, er verletzt mich nicht. Wenn du ihn mir gibst, macht er dich heil.“
(3)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Warum handelst du nicht nach dem, was dein Herz dir sagt, sondern nach dem, was dein gekränkter Stolz dir diktiert?“
(4)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Warum blickst du nicht nach vor, in liebevoller Erwartung dessen, was da noch kommen mag?“
(5)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Das Leben ist ein Spiel, aber warum spielst du Rollen, die deinem Wesen nicht entsprechen? Sie müssen früher oder später über dir zusammen brechen. Aber es ist gut, dass du sie selbst einreißt.“
(6)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Was kasteist du dich selbst, verzichtest auf die Dinge die dir gut tun? Wer verlangt das von dir?“
(7)=(6)
(8)
Hätte ich gefragt, hätte ich als Antwort erhalten: „Wenn du vom gehen müde bist, warum setzt du dich nicht eine Weile auf den Wegrand und ruhst dich aus?“
(9)
Viel später fragte ich: „Ist es eigentlich wahr, dass du es als einen Vorgriff in deinen Plan siehst, wenn jemand vor seiner Zeit geht?“ Sein Lächeln kannte ich schon: „Weißt du was Verzeihung ist?“ „Ja, ich denke, es ist etwas annehmen können, auch wenn man es nicht nachvollziehen oder verstehen kann.“ „Was denkst du?“ „Ich denke: nicht ganz.“ Er tropfte in mein Ohr und machte: „Nicht ganz!“

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noch gar nicht derweil helfe
ich mir mit der brille von vor 20 jahren (zum...
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