...ich hoffe, es stört nicht weiter, wenn ich heute nur mal klein schreibe, aber meine pfote ist im moment eingebunden, und ich ... naja.
folgende geschichte:
ich war im akh.
wie in einem komment schon erwähnt, bin ich ja hauptberuflich musiker, und die brauchen nunmal beide hände. an sich bin ich, was verletzungen angeht nicht sonderlich zimperlich, aber, da es diesmal ein gelenk betraf, und ich durchaus weiß, dass so ein ding schneller verknorpelt, als man schauen kann, bin ich nach eurem zuspruch hingegangen.
es ist jetzt einige jahre her, dass ich wegen einem gequetschten finger dort war (übrigens auch der mittelfinger der linken hand...sollt ich mal nachschauen, was mir das sagen will). meine damalige klavierlehrerin hatte mich hingeschickt, mit den worten: "auch wenn nichts ist, dann wenigstens wegen dem erlebnis"...
es war ein erlebnis, so wie diesmal auch.
ich fürchte mich vor krankenhäusern. wieso kann ich eigentlich gar nicht so genau sagen, weil mir bis jetzt immer geholfen wurde, wenn ich dort war...
bei der anmeldung fragt mich die missmutige dame: "wo haben sie sich denn verletzt?" ich: "am knöchel." sie: "ja, wo denn genau?" ich hebe die hand zeige auf den knöchel: "da." sie noch missmutiger: "ja aber wie haben sie sich verletzt?" achso denke ich mir die will den unfallhergang wissen ich: "ich habe mich an einer glasscheibe angehaut." ihre augen weiten sich und ihr blick versucht den rowdie in mir auszumachen. kann ihn aber nicht entdecken, also sagt sie: "na gut. setzen sie sich, sie werden aufgerufen."
ich bin sehr nervös. nicht nur, weil ich krankenhäuser nicht mag, sondern vor allem, weil ich befürchte, die musikschule absagen zu müssen. das klingt jetzt so, als wäre ich recht arbeitsbeflissen, aber ihr müsst wissen, dass ich jede stunde, die ich versäume, ob krankheitsbedingt, oder sonst wie, nachholen muss. vertrag ist vertrag.
ich warte. mein kopf voll einer seltsamen leere. ich höre die unterhaltungen der anderen verunfallten. gottseidank ist diesmal keiner dabei, der halbverblutet neben mir (das war damals beim gequetschten finger so).
diesmal ist es schlimmer. eine frau ist da, die von ihrem "lover" misshandelt wurde, und am liebsten würde ich aufstehen und zur missmutigen dame am anmelde schalter gehen, um zu sagen, dass alles ein furchtbares missverständnis war, dass nichts mit mir ist, dass ich jetzt wieder gehe... aber ich denke mir, dass das jetzt nur noch mehr unmut erzeugen würde.
ich sehe ganz bewußt nicht auf die uhr. versuche viel mehr in den strom der geschäftigkeit einzutauchen, und da ruft man auch schon meinen namen.
und dann ist es wie verhext.
ich sitze vor dem arzt, der mich nochmal fragt, wie es passiert sei (der fragt wenigstens wie), dann lächelt er und sagt, mehr ungläubig denn überzeugt, zu einem kleinen scherz hingerissen: "also an einer glasscheibe, und nicht an jemandes kopf?" ich schüttle nur den kopf. dann fragt er: "wo tut es denn weh?" ich bewege die finger, die im warteraum noch wehtaten, und was ist? nix tut weh. also sage ich ihm, wo es vorher weh getan hat. er drückt auf die stelle. nix. verlangt von mir eine faust zu machen. finger spreizen. nix. dann nickt er schon dieses nicken, mit diesem merkwürdig mitleidigen lächeln, wo man am liebsten aufstehen würde...
er diktiert dem burschen am pc, dass er keine äußeren verletzungsspuren sieht (was mich allerdings selbst wundert, denn ich neige zu blauen flecken, dass ich mich selbst oft wundere, woher sie kommen), dass ich alles uneingeschränkt bewegen kann, dass die verletzte stelle nicht druckempfindlich ist, dann etwas lateinisches, das wahrscheinilch die verletze stelle bezeichnet, nennt die falsche seite, ich sage: "links" er dreht sich um, fragt: "was?" ich sage: "links. es ist die linke hand." er: "ahja." dreht sich wieder zu dem menschen am pc um und sagt wieder das lateinische wort, diesmal mit dem anhang: "links"
dann dreht er sich wieder zu mir um, und sagt: "naja, fr. spanny. ich kann nichts sehen, aber wir schicken sie zum röntgen, um sicher zu gehen, dass nichts gebrochen ist. warten sie draußen, sie werden aufgerufen."
ich bedanke mich. und gehe.
am gang schieben 2 rettungsmänner eine alte frau herein: "92 jahre, gestürzt, schmerzen, das übliche." ist wörtlich der kommentar, den der eine, der mehr wie ein fleischhacker aussieht, abgibt.
meine knie werden weich.
im warteraum setze ich mich.
da kommt auch wieder die misshandelte frau, die mit ihrer sozialarbeiterin da ist und bekomme detailles der misshandlung mit. dann ist mir übel. sie wird zum internisten und dann zum psychologen und dann in den schockraum geschickt werden. das weiß ich, weil der arzt vorher, als ich drinnen war telefoniert hat.
dann werde ich zum röntgen aufgerufen.
mit der hand auf der platte, dem bleilatz über meinem unterleib, versuche ich nicht zu zittern.
frau schickt mich wieder in den warteraum.
die alte frau immer noch am gang. man dürfte sie inzwischen untersucht haben, denn ihre schultern sind nackt. niemand hat sich die mühe gemacht, sie wieder zu bedecken. es würgt mich.
ich setze mich wieder.
man schiebt das bett so, dass ich ihren kopf sehen kann. in ihren augen ist diese seltsame kombination aus angst, stolz, und jener zuversicht, die sicher nicht aus dem vertrauen zu den ärzten kommt, sondern von einer anderen stelle. einer ganz anderen stelle. ich beobachte sie. und je länger es dauert, desto weniger angst ist in ihrem gesicht. irgendwann fängt sie an zu lächeln. und da weiß ich, dass sie bereit ist, wenn denn nun der zeitpunkt gekommen wäre.
ich möchte aufstehen und fragen, ob sie etwas braucht, ob ich etwas tun kann...
aber alles versagt mir den dienst.
ich bin enttäuscht.
vornehmlich von mir selbst.
dann ruft man wieder meinen namen.
im behandlungsraum b sind auf den bildschirmen des arztes, meine knochen. fasziniert bleibe ich stehen, und sehe sie an. es sieht so vollendet aus. ich schaue mir den knöchel ganz genau an und sehe keine abweichung zu den anderen knöcheln.
der arzt sagt mir dann, dass nichts gebrochen wäre, dass es eine prellung ist: "das ist einmal beruhigend. die schmerzen sollten im laufe der woche abklingen." und sein blick schickt mich hinaus. ich: "kann ich irgendetwas tun?" er: "nein. warten. draußen bekommen sie [wörtlich] die zettel wo alles draufsteht. auf wiedersehen und alles gute." ich bedanke mich und gehe.
schnurstracks zum schalter mit der missmutigen dame: "bekomme ich bei ihnen die zettel wo alles draufsteht?" sie sieht mich an, als hätte sie es mit dem dümmsten geschöpf unter gottes schönem himmel zu tun. schluckt hinunter, was sie sagen wollte und holt mir die zettel wo alles draufsteht.
als ich gehe, versuche ich nicht zu laufen und bin dann froh, an der frischen nebeligen luft zu sein und versuch nicht über all das nachzudenken, wovon ich zeuge war. das würde früh genug kommen.